Ansätze zur Förderung des Cross-Sports

Man muss nicht mit mir einer Meinung sein, was die Entwicklung in den letzten Jahren im deutschen Cross-Sport betrifft. Eines kann man mir aber glauben: es ist immer mein Interesse gewesen den deutschen Cross-Sport zu fördern. Meine Meinung und Erfahrung ist daraus entstanden, dass ich jahrelang junge Sportler erfolgreich trainiert habe.
Ich war im Großen und Ganzen immer unabhängig vom Bund Deutscher Radfahrer, ich hatte immer einen engagierten Partner an meiner Seite wie STEVENS Bikes. STEVENS hat sich es genauso wie ich es zur Aufgabe gemacht, junge Sportler zu fördern: durch finanzielle Unterstützung, Material, Trainings – sogar durch eine Sportler-WG in Hamburg. Einige Sportler haben nicht zuletzt eine Ausbildung bei STEVENS gemacht und arbeiten noch heute für das Unternehmen. Dazu richtet STEVENS seit Jahren Rennen aus und das nicht nur im Cross.
STEVENS war auch jahrelang Sponsor des Bund Deutscher Radfahrer und hat auch die National Mannschaft vor der WM in St.Wendel als Sponsor unterstützt. Anekdote am Rande: die Sportler nähten sich einen Tag vor der WM den BDR-Aufnäher selber auf ihre Einteiler..
Was ich hiermit sagen möchte: es gibt bzw. hätte sehr wohl Partner für den BDR gegeben, die entsprechende Unterstützung für die Cross-Sportler leisteten.
Es wird stets das Argument aufgeführt, Cross sei nicht olympisch und somit wären auch keine Gelder da. Dann muss man eben andere Wege finden, um die finanzielle Ausstattung zu erhalten – wie beispielsweise auf Sponsoren zu zugehen, die sich bereits jahrelang im Cross-Sport engagieren! Warum das nicht passiert ist? Kein Interesse des BDRs den Cross-Sport zu fördern, wenn Ihr mich fragt.
Ein weiteres Beispiel: der STEVENS CROSS Cup erfreut sich in den letzten Jahren immer größer werdenden Starterzahlen. Im Jahr 2019/2020 hatte der STEVENS Cup in 18 Klassen eine Gesamt-Starterzahl von weit über 600 Startern, davon 300 Hobby Sportler ohne Lizenz.
Es gibt nach noch weitere Cross Cup Serien in Deutschland und diese haben sich sicher genauso positiv entwickelt wie der Cup in Norddeutschland. Ich denke wir haben es also mit einer Sportart zu tun, die durchaus auf das Interesse vieler Sportler trifft und unter denen sicher auch viele Talente schlummern.
Auch interessant zu hören: im Windkante- Radsport Podcast Nr. 63 vom 06. Februar spricht Herr Scharping vom fehlenden Interesse der Kinder und Jugendlichen auf der Straße zu fahren. Auch das kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen: da ich ja schon seit Jahren Schulprojekte begleite und das Nachwuchstraining meines Vereins leite, sehe ich in allen Leistungsklassen, dass das Interesse am Fahren im Gelände maximal ist. Gravel, MTB, Cross – sobald es in den Wald geht, sind alle mit großem Eifer dabei und verstehen sukzessive auch, dass das Training auf der Straße auch sein muss, um gut Rad zu fahren. Im Übrigen kann man auch Straßentraining abwechslungsreich gestalten. Zur Ausbildung von Radsportlern gehört eine möglichst vielfältige Förderung, um a) die individuellen Talente zu erkennen und zu fördern und b) die Sportler in ihrem Portfolio an Fähigkeiten weiterzuentwickeln.
Gibt es Talente im Radsport, so werden diese – fast egal aus welcher Disziplin sie kommen - beim BDR immer auf die Straße verwiesen mit den klassischen Worten: du musst dich entscheiden - Straße oder Förderung wird eingestellt. Für Cross war kein Raum mehr, dementsprechend bleiben auf internationalem Niveau nur M. Meisen und S. Weber oder bei den Damen Elisabeth Brandau.
Was ich aufzeigen möchte ist:
- Die Mehrzahl der deutschen Sportler, die in den vergangenen Jahren bei einer WM gestartet sind, wären ohne die massive Unterstützung von Eltern und Sponsoren wie Focus / Stevens wahrscheinlich nie zur WM gekommen.
- Die Leistungsdichte die ca. 2005/2006 entstanden ist (durch die Sportler P. Walsleben vor C. Pfingsten, 5. Platz S. Weber , 18. M. Meisen und 23. O. Quast. und M. Schweizer die da noch in der Jugendklasse waren) findet man heute fast nicht mehr.
- Den Sportlern wurde klar in Aussicht gestellt: wenn du weiter Cross fährst, bekommst du vom Dachverband keinerlei Unterstützung mehr – auch nicht auf der Straße, auch wenn die Leistungen besser sind als die von anderen.
- Was man in den Vorjahren aufgebaut hat in Sachen Cross-Sport, war quasi umsonst.
- Viele der Sportler haben sich einen Namen durch den Cross-Sport gemacht, um dann nur noch Straßensport betreiben zu können. Wenn man sie heute fragt, sagen viele wäre ich nur weiter Cross gefahren oder - wäre ich zumindest noch ein paar Crossrennen im Winter gefahren.
- Der Verband hat den Cross-Sport die letzten Jahre heruntergewirtschaftet. Das Argument der Fördergelder bzw. Förderung nur für olympische Disziplinen lasse ich nicht gelten. Man sollte sich vielmehr um Sponsoren bemühen, statt die Hände in den Schoß zu legen bzw. sich auf andere Disziplinen zu konzentrieren. Der BDR muss auch sportliche Vielfalt gewährleisten!
Folgend nur ein paar Ideen, die dem deutschen Cross-Sport helfen würden, sich wieder in die richtige Richtung zu bewegen:
Mehr internationale Rennen in Deutschland
Eine internationale Rennserie mit z.B. 5 Rennen in D, dazu eine Gesamtwertung für diese Serie mit einem Hauptsponsor. Das Tüpfelchen auf dem i wäre ein Medienpartner, der Berichterstattung und Streaming gewährleistet.
Die Veranstalter in München und Bensheim haben bereits gezeigt dass es geht, andere Strecken wie Bad Salzdetfurth, Vechta oder gar ganz neue hätten ggf. ebenso das Potenzial.
Die Bundesliga wird zur Nachwuchsserie (ab Jugend), aufgeteilt in Nord/Süd. Jeder Bundesliga-Rennveranstalter kann sich für die Internationale Serie bewerben und erhält anteilig eine Förderung.
Die Anzahl der nötigen Rennen der Bundesliga verringert sich und die Sportler ab Junioren haben die Zeit internationale Rennen in Deutschland, Belgien, der Schweiz, Niederlande usw. zu bestreiten.
Förderung der sportlichen Ausbildung
Hobby-Sportler jünger als 16, die mehr als 2 Rennen gewonnen haben, erhalten ein Angebot für eine Vereinsmitgliedschaft koordiniert durch den Landesverband oder die lokalen Vereine direkt. Zusätzlich werden diese Sportler zu Maßnahmen der Landesverbände eingeladen.
Die Sportgruppen Cross dürfen je 1-2 Jugend-Sportler mit ins Team aufnehmen, sodass die Sportler-Ausbildung durch Ältere forciert wird und ab der U17 Klasse beginnt.
Die Ausgestaltung der Sportgruppen muss stärker auf Leistung ausgelegt sein. Die Teamwertung in der Cross-Bundesliga ist ein erster Schritt, dieser sollte jedoch noch mehr Bedeutung beigemessen werden.
Förderung der Nationalmannschaft
Die Sportler verpflichten sich eine Rennplanung mit dem eigenen Trainer und dem BDR Trainer abzustimmen, um eine eventuelle Überschneidung mit den Einsätzen der Nationalmannschaft auszuschließen.
Der BDR entwirft eine neue Nominierungsnorm für die EM und WM-Nominierung. Diese richtet sich nach den internationalen Ergebnissen und der Deutschen Meisterschaft, exklusive der Cross-Bundesliga. Es gibt Ergebnislisten aufgegliedert nach Sportlern & Klassen, in denen die Leistungen jederzeit einfach einzusehen sind. Der Bundestrainer ist verpflichtet neben der Deutschen Meisterschaft bei weiteren Rennen die Rennleistung vor Ort zu beurteilen.
Zusätzlich werden 3-4 Trainingswochenenden vom BDR auf Kosten des BDR angeboten, ggf. mit der Möglichkeit eine Leistungsdiagnostik durchzuführen. Es werden auch Elite-Sportler eingeladen.
Die Sportler der Nationalmannschaft werden neben ihrer sportlichen Ausbildung auch in Themen wie Selbstvermarktung, Darstellung in sozialen Medien, Berufsausbildung & Profi-Sport, etc. geschult.
Monitoring der sportlichen Entwicklung des Sports in Deutschland
Außerdem gibt eine Arbeitsgruppe Leistungssport, bestehend aus Sportlern der Bundesliga sowie der Nationalmannschaft sowie weiteren Vertretern von Sportgruppen die regelmäßig die sportliche Entwicklung in Deutschland nach Zielvorgaben prüfen sowie Maßnahmen zur weiteren Förderung ergreifen können.
Es gibt natürlich noch unzählige andere Optionen, aber vielleicht regen diese Ideen schon einmal ein wenig an.
Und zu guter Letzt, haben die Ereignisse rund um die Cross-WM eine Debatte um den deutschen Cross-Sport in den Medien gestartet. Folgend ein Überblick der Stimmen. Ich bin gespannt, wann seitens des BDRs einmal angemessen darauf reagiert wird.
Sportbuzzer: Stefanie Paul: „Es ist sehr frustrierend.“
Hanka Kupfernagel & Antritt Podcast – Der Crossport ist das Stiefkind des BDR
Mike Kluge zum Handling der Cross-WM
Rennrad – Das Radmagazin: Kommentar zum Cross-Sport in Deutschland
RSG Hannover: Kommentare zum WM-Start
Über das traurige Dasein des Cyclocross in Deutschland
Kommentare zum oben genannten Artikel
Radsport-News: Lieber gar nicht starten, als hinten zu landen?
Kommentare zum oben genannten Artikel
Kommentare in Bundesliga Cyclocross 2020







